Ab 50 Mitarbeitern muss ein neues Gesetz beachtet werden: das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) oder auch Whistleblower-Gesetz genannt. Im folgenden uniSmart Blog klären wir die Zusammenhänge auf!
Hintergründe des Hinweisgeberschutzes
Wenn Beschäftigte oder andere Personen aus ihrer Tätigkeit heraus interne Informationen über ihr Unternehmen weitergeben, ist das oft problematisch. Auch wenn die Beweggründe gut sind, weil beispielsweise Gesetzesverstöße oder andere Missstände damit aufgedeckt werden sollen, können "Vergeltungsmaßnahmen" für die hinweisgebenden Personen die Folge sein.
Insbesondere vor solchen Gegenmaßnahmen soll das Gesetz schützen. Außerdem soll eine Meldung für Hinweisgebende durch die Einrichtung interner Meldestellen möglichst einfach gemacht werden. Darüber hinaus werden Unternehmen verpflichtet, eingehende Meldungen zu untersuchen, die Missstände zu beheben und im Kontakt mit der hinweisgebenden Person zu bleiben.
Welche Unternehmen sind vom HinSchG betroffen?
Alle Unternehmen müssen sich an die Regelungen des Hinweisgeberschutzes halten und dürfen "Whistleblowern" keine Nachteile verschaffen. Unterschieden wird in der Pflicht zur Errichtung und dem Betrieb einer internen Meldestelle:
Für alle Unternehmen wird eine Möglichkeit für Hinweisgebende existieren, sich an eine externe Meldestelle zu wenden. Dies ist in der Regel eine Stelle bei einer Bundes- oder Landesbehörde, die thematisch zuständig ist, wie z.B. das Bundesamt für Justiz, die BaFin oder das Bundeskartellamt.
Sobald Unternehmen in der Regel mindestens 50 Beschäftigte haben oder in speziellen Branchen tätig sind (z.B. Wertpapierhandel, Versicherungen) muss zudem eine interne Meldestelle errichtet und zur Verfügung gestellt werden, welche in der Folge auch weitere Pflichten nach sich zieht. Hier kann die meldende Person nun wählen, welcher Meldeweg eingeschlagen werden soll. Wenn 50 bis 249 Beschäftigte im Unternehmen tätig sind, gibt es für diese noch eine verlängerte Frist zur Errichtung einer internen Meldestelle bis zum 17. Dezember 2023. Auch können diese kleineren Unternehmen eine gemeinsame Stelle betreiben.
Bei Unternehmen ab 250 Beschäftigten muss die Umsetzung mit Inkrafttreten des Gesetzes erfolgen.
In einigen Branchen und Sektoren ist ein Hinweisgebersystem unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten vorgeschrieben. Unternehmen in Branchen wie Finanzdienstleistungen, Gesundheitswesen und Energie sowie sind verpflichtet ein Hinweisgebersystem bereit zu stellen. Gleiches gilt für Regierungen und den öffentlichen Dienst.
Aufgaben der internen Meldestelle
Das HinSchG sieht vor, dass sowohl unabhängige und fachkundige Beschäftigte als auch externe Meldestellenbeauftragte mit dem gleichen Anforderungsprofil die Meldestelle betreiben können.
Zu den ersten Tätigkeiten des Meldestellenbeauftragten bei einem eingehenden Hinweis gehört die Einordnung des sachlichen Anwendungsbereiches. Das bedeutet es muss geklärt werden, ob die Meldung überhaupt einen möglichen Verstoß gegen eine Norm beinhaltet, für welche das Gesetz anwendbar ist.
Meldekanäle müssen technisch und organisatorisch so sicher konzipiert, eingerichtet und betrieben werden, dass die Vertraulichkeit der Identität der hinweisgebenden Person und Dritter, die in der Meldung erwähnt werden, gewahrt bleibt. Nicht befugten Mitarbeitern muss der Zugriff darauf verwehrt werden (Vertraulichkeitsgebot). Eine Pflicht zur Ermöglichung einer anonymen Meldung sieht das Gesetz hingegen nicht vor. Es wird lediglich vorgegeben, dass die Stellen auch anonym eingehende Meldungen bearbeiten sollen. Die Ermöglichung einer anonymen Meldemöglichkeit wird allerdings auch die Bereitschaft der Beschäftigten deutlich erhöhen, eine Meldung abzugeben und ist daher sehr zu empfehlen.
Zu den Aufgaben der Meldestelle gehören:
Der hinweisgebenden Person ist der Eingang der Informationen zu Verstößen im Unternehmen innerhalb einer Frist von sieben Tagen zu bestätigen.
Die gemeldeten Verstöße müssen anhand der Informationen der hinweisgebenden Person untersucht und später wirksame Folgemaßnahmen getroffen werden.
Während des Prozesses muss mit der hinweisgebenden Person – wenn von dieser gewünscht – Kontakt gehalten werden.
Die interne Meldestelle ist verpflichtet, die hinweisgebende Person spätestens nach drei Monaten über die getroffenen Folgemaßnahmen zu informieren.
Die Meldungen müssen unter weiterer Wahrung des Vertraulichkeitsgebotes in dauerhaft abrufbarer Weise für drei Jahre dokumentiert und anschließend sicher gelöscht werden.
Schutz der Whistleblower
Wesentlicher Inhalt des HinSchG ist, neben den Meldekanälen und der Vertraulichkeit, der Schutz der Hinweisgebenden vor Gegenmaßnahmen. Dafür sieht das Gesetz ein Verbot vor, das auch die Androhung oder den Versuch von Ahndungen beinhaltet.
Die Europäische Whistleblowing-Richtlinie nennt einige Beispiele dafür:
Kündigung, Herabstufung oder Versagung einer Beförderung, Aufgabenverlagerung, Änderung der Arbeitszeit, Versagung der Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen, negative Leistungsbeurteilung, Disziplinarmaßnahmen, Nötigung, Mobbing, vorzeitige Kündigung oder Aufhebung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen (für Geschäftspartnern).
Bei Benachteiligungen, die mit der beruflichen Tätigkeit zusammenhängen, gilt zudem eine Beweislastumkehr zu Gunsten des Whistleblowers. Sollte einem Whistleblower also beispielsweise nach einem Hinweis gekündigt werden, wird vermutet, dass dies eine verbotene Maßnahme im Sinne des Gesetzes sei. Das Unternehmen muss dann beweisen können, dass andere hinreichende Gründe für die Kündigung vorliegen. Die Beweislastumkehr greift aber nur, wenn der Whistleblower auch geltend macht, dass die Benachteiligung gerade auf Grund seiner Meldung erfolgt ist.
Zusätzlich gibt es einen Schadensersatzanspruch für Whistleblower, denen dennoch eine negative Erfahrung widerfahren ist.
Pflichten des Whistleblowers
Trotz umfassenden Schutzes hat auch der Whistleblower diverse Pflichten und Risiken. Indem die hinweisgebende Person „hinreichenden Grund zu der Annahme“ haben muss, dass die Informationen über Verstöße zum Zeitpunkt der Meldung der Wahrheit entsprechen, werden der hinweisgebenden Person Sorgfaltspflichten auferlegt. Bei grob fahrlässiger oder vorsätzlich falscher Meldung macht er sich gegebenenfalls ebenso schadensersatzpflichtig. Der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden dürfen Informationen nur, wenn diese vorher ohne Reaktion oder Behebung des Missstandes über die internen oder externen Meldekanäle gemeldet wurden. Bei einer Offenlegung wissentlich falscher Informationen kann der meldenden Person außerdem ein Bußgeld auferlegt werden.
Unternehmen drohen Sanktionen
Das Gesetz sieht Bußgelder für Unternehmen vor, die gegen die Regelungen verstoßen. Das beinhaltet zum Beispiel ein Bußgeld in Höhe von 20.000 Euro, wenn trotz Verpflichtung kein interner Meldekanal zur Verfügung gestellt wird oder eines in Höhe von 50.000 Euro bei Sanktionen gegenüber den Whistleblowern. Durch einen Verweis auf § 30 OWiG können sich diese Bußgelder bei bestimmten Ordnungswidrigkeiten sogar noch verzehnfachen.
Was ist nun zu tun
Betroffene Unternehmen sollten nun einen Meldekanal implementieren und den Beschäftigten zur Verfügung stellen, sofern die gesetzlichen Kriterien für diese Verpflichtung erfüllt sind.
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